Querido Vaticano!

Man sagt, Ihr seid überrascht von der globalen Enttäuschung nach dem Amazonas-Schreiben. Überrascht Euch das, ernsthaft?

Welche Reaktion könnte ein Firmenchef erwarten, der seiner versammelten Belegschaft mitteilt: „Wir alle wissen, die Umsätze sind im Keller. Da haben wir beschlossen, erstmal nix zu machen. – Aber hey, wir engagieren uns weiter für Umweltschutz!“

Das Problem unserer Enttäuschung liegt gar nicht so sehr in der Frage des Zölibats oder der Diakoninnen. Über diese wichtigen Einzelfragen hinaus hätten wir uns gewünscht, dass irgendwas passiert, dass unsere Kirche zeigt, dass sie Einsicht, Kraft und Mut hat, sich neuen Herausforderungen zu stellen.

Viele Grundanliegen dieses Pontifikats sind stark und richtig: synodale Beratungen aufwerten, Kompetenzen an die Ortskirchen zurückgeben, die Rolle der Frauen stärken, Barmherzigkeit üben, bescheidener auftreten.

Was passiert faktisch? Der Ertrag der Synoden ist zweifelhaft. Familien: alles kann, nichts muss. Jugend: Katechese und Gebet. Amazonas: Solidarität & Ökologie. Berufungspastoral und Gebet.

Die Bedeutung der Frauen für die Kirche würdigen? Erstmal nett, was da steht: Frauen sind wichtig. Gut, da sind wir uns einig. Dissens haben wir dann schon in der Beschreibung des „Wesens der Frau“. Gibt es das, ein für alle beschreibbares Wesen? Da schauen mich die Menschen der Generation über mir fragend-ratlos an. Die Gleichaltrigen und Jüngeren lachen darüber – im glücklichsten Fall. Wir Hirten sollen ja den Geruch unserer Schafe annehmen. Ich muss sagen, meine Schafe, Studierende aus vielen Ländern, reagieren mit irritiertem Spott oder harter Verachtung.

Das glaubt Ihr nicht? Probiert es einfach aus, fragt mal Frauen nach ihrer Meinung, die in der Via Aurelia wohnen oder im Borgo Vittorio. Und wenn Ihr es ganz deutlich wollt, lauft vor bis zur LUMSA und fragt die Studierenden, gleich welchen Geschlechts.

Probiert es einfach aus, fragt mal Frauen nach ihrer Meinung, die in der Via Aurelia wohnen oder im Borgo Vittorio. Und wenn Ihr es ganz deutlich wollt, lauft vor bis zur LUMSA und fragt die Studierenden, gleich welchen Geschlechts.

Anerkennung für Frauen ist nicht damit getan, ihnen dankbar auf die Schulter zu klopfen. Partizipation muss auf echten Kompetenzen basieren. Beauftragung kann nicht heißen: du darfst die Kerzen anzünden, wie Lüdecke absolut treffend sagt.

Als ich Jugendlicher war, hatte in meiner Lebenswelt das Katholische das Etikett „langweilig“. Man hielt uns landläufig für etwas altbackene, idealistische Gutmenschen. Heute sieht man uns nicht nur als langweilig an, sondern als hoffnungslos rückständig, verbohrt, heuchlerisch. Den Gutmenschentitel haben wir längst verloren. Die Kritischeren nennen uns Verbrecher. Freilich ist das pauschal und ungerecht, aber halt leider ganz und gar nicht grundlos.

Bitte antwortet nicht, das sei wieder das alte Problem mit den aufmüpfigen Deutschen. Wie steht es denn, über den deutschen Sprachraum hinaus, um die Kirche? In den Niederlanden, Belgien, Frankreich, England? Wisst Ihr, wie steil es bergab geht in Irland, wie sehr die Menschen sich in Polen abwenden? Welche erbitterte Gegnerschaft in Spanien wächst? Wie ist die Kirchenbindung tatsächlich in Italien?

Wenn ich mich an der Universität bewege, schlägt mir beim Stichwort katholisch Ablehnung entgegen oder offene Verachtung. Unsere Flyer bekomme ich mit spitzen Fingern zurück. Es tut mir im Herzen weh, wenn ich sehe, in welche Lage die Kirche, die ich liebe, gekommen ist.

Wenn ich mich an der Universität bewege, schlägt mir beim Stichwort katholisch Ablehnung entgegen oder offene Verachtung. Unsere Flyer bekomme ich mit spitzen Fingern zurück. Es tut mir im Herzen weh, wenn ich sehe, in welche Lage die Kirche, die ich liebe, gekommen ist. Man lehnt uns ab, aus moralischen Gründen!

Wenn sich Menschen zu ihrem gleichgeschlechtlichen Partner bekennen, werden sie von kirchlichen Trägern immer noch entlassen. Wohlgemerkt, Jahre nach dem päpstlichen „Wer bin ich, um zu richten?“. Offiziell schließen wir immer noch homosexuell Veranlagte vom Priesteramt aus. Das ist Diskriminierung, und Traumtänzerei noch dazu, weil ein beträchtlicher Teil des Klerus so veranlagt ist – und nebenbei gute seelsorgliche Arbeit leistet.

Unsere Rechtsordnung ist nicht auf dem Niveau entwickelter Demokratien, wenn es zum Beispiel um Rekursmöglichkeiten und Gewaltenkontrolle geht. Es muss uns zu denken geben, wenn wir in Rechts- und Gerechtigkeitsfragen unter dem Standard der Gesellschaft liegen!

Missbrauch muss bestmöglich verhindert, bekämpft, aufgeklärt und bestraft werden. Gut, da gab es schon Lernprozesse, aber wir stehen erst am Anfang.

Bischöfe und Kongregationen haben Millionen und hunderte Millionen Euro versenkt durch Luxusausgaben und Fehlinvestitionen. Keine Institution kann sich das leisten, die Bestand haben will. Ich wünsche mir, dass wir endlich nicht mehr wegen dubioser Finanzaktionen ins Gerede kommen. Das muss doch um Himmels willen möglich sein!

All diese Dinge haben so viele Menschen enttäuscht, außerhalb und innerhalb der Kirche. In der jüngsten Generation sind wir auf weiter Flur diskreditiert, und auch in meiner Generation sieht es kaum besser aus.

Ja, ich weiß, dass wir kein Unternehmen sind, und dass man über Glaubensfragen nicht einfach mehrheitsmäßig entscheiden kann. Bitte erspart uns Unterstellungen, dass ich dummerweise nicht begriffen habe, was das Wesen der Kirche ist. Kirche soll Instrument des Heils sein, und wenn sie große Teile der Menschheit nicht erreicht, hat sie ein Problem. Das lässt sich nicht einfach auf die „böse Welt“ schieben!

Auch noch viele andere Themen sind brennend wichtig. Wie sieht das Miteinander in einer Kirche aus, die sich auf Jesus Christus beruft? Wie sehen liturgische Feiern aus, die zu kleiner gewordenen Gruppen passen? Wann holen wir den sprachlichen Rückstand auf, in den wir in der Verkündigung und zum Teil im Lehramt geraten sind? Offizielle Äußerungen klingen ja oft wie noch vom Tonband abgespielt. Wie gelingt es uns zu vermitteln, dass die Kirche aus der Eucharistie lebt, und welche Menschen können wir wie dazu befähigen?

…Vielleicht erklärt die unvollständige Aufzählung, warum ich meine, es geht längst nicht mehr um punktuelle Einzelfragen. Das Petrusamt als Einheitsdienst soll alle mitnehmen, ja. Die Reformer*Innen brauchen da auch dringend Zuspruch…

Ich weiß nicht, ob die Probleme und der Reformstau größer waren, als der heilige Johannes XXIII sich entschloss, das Konzil einzuberufen. Es ist wieder Zeit.

Ich weiß nicht, ob die Probleme und der Reformstau größer waren, als der heilige Johannes XXIII sich entschloss, das Konzil einzuberufen. Es ist wieder Zeit. Wie er habe ich noch Hoffnung, dass unsere Kirche weit kraftvoller, mutiger und wandlungsfähiger ist, als es erscheint. Dafür müssen wir auf den Heiligen Geist vertrauen, beten – und das in unsrer Macht Stehende auch wirklich tun.

12 Antworten zu „Querido Vaticano – Protest eines Priesters“

  1. Lieber Herr Fletschinger, ich bin voller Dank für Ihre hervorragenden und deutlichen Zeilen. Jeder Satz spricht mir aus der täglichen Erfahrung. Ich bin Klinikseelsorgerin in der thüringischen Diaspora – u d erlebe das, was Sie von Studierenden und der Uni schreiben 1:1 genau so mit Ärztinnen, Ärzten, Pflegenden und Patient*innen.
    Ich bin nach dem Schreiben einigermaßen verzweifelt und wahnsinnig ärgerlich. Da hilft es ein wenig, zu wissen, dass es auch unter den Priestern welche gibt, die genau hinsehen, klar denken und klar sprechen. Tausend Dank!
    Katharina Pomm

  2. Ich war 10 Jahre beruflich als Religionslehrerin und 17 Jahre als Referentin in der Frauenseelsorge tätig. Meine 16 jährige Enkelin fragte mich dieser Tage :“Würdest du heute noch deine Kinder katholisch taufen lassen ?“ Ich habe ihr versprochen darüber nachzudenken. Sie ist jetzt in der Firmvorbereitung. Es werden viele pädagogische Spiele gemacht, die sie alle als Gruppeleiterin längst kennt. Sie dachte “ dass sie sich dort über Glaube und Kirche auseinandersetzen können“
    Brigitta Hagel, Freiburg

    1. Mit meinem Kommentar wollte ich keinesfalls Methoden der Firmvorbereitung in Gemeinden diskreditieren. Ich weiß. dass alle, die sich dabei engagieren, dies mit großem Verantwortungsbewusstsein tun. Mich treibt die Sorge um, wie wir jungen Menschen heute noch vermitteln können, dass es Sinn macht „katholisch“ zu sein.

  3. Avatar von Franz-Josef Oestemer
    Franz-Josef Oestemer

    Lieber Herr Fletschinger, danke für Ihre Gedanken und den Mut, diese Gedanken so freimütig mitzuteilen.

    Ich denke, daß der synodale Weg eine Chance gewesen wäre – gewesen wäre, weil ich nicht mehr sehe, daß am Ende mehr als Papier rauskommt, daß dankend und mit leeren Worten in Rom im Archiv entsorgt wird.

    Ich befinde mich schon längere Zeit in einem inneren Exil. Ich habe eine großartige Zeit in dieser Kirche erleben können, vor allem dank einigen Priestern, die mir mehr Freund als Dienstvorgesetzter waren, die partnerschaftlich zusammenarbeiten konnten.

    Aber nach dieser Zeit erlebte ich immer häufiger ein Wiedererstarken des Klerikalismus.

  4. Avatar von Herbert Rochlitz
    Herbert Rochlitz

    Lieber Marius, wir haben uns mal bei irgendeiner Veranstaltung im Collegium Borromäum kennengelernt. Ich danke dir sehr für deine klaren und mutigen Worte. Jedes einzelne davon spricht mir aus der Seele. Ja, genauso erlebe ich es auch in meiner Arbeit. Es gibt viel Gutes und Positives, das wir vor Ort tun können und glaube ich auch tun – aber dann immer wieder diese Rückschläge und dieser Stillstand! Ich finde es beschämend, wenn Kirche immer noch versucht, in das Leben von Menschen „hineinzuregieren“ oder zu definieren, wie man/frau zu sein hat! Nein, ich glaube nicht, dass es ein allgemeingültiges „Wesen der Frau“ gibt – und schon gar nicht, dass dies ein Mann, und sei es selbst der Papst, definieren kann. Ich wünsche mir sehr, dass viele Frauen und Männer daran mitarbeiten, dass unsere Kirche, wie du schreibst, „weit kraftvoller, mutiger und wandlungsfähiger ist (wird), als es erscheint!“ Und ich selbst will auch daran glauben und mitwirken – wenn auch manchmal schon unter der Überschrift „Ich glaube, hilf meinem Unglauben!“ Danke und weiter viel Mut und Kraft!

    Herbert Rochlitz, Pfarrer in Emmendingen, Erzdiözese Freiburg

  5. Danke, Herr Fletschinger, das trifft das Rumoren in meinem Bauch und Hirn recht gut. Ich arbeite seit 38 Jahren im kirchlichen Dienst und die 8 Jahre, die ich im Nordosten Brasiliens leben und zu Gast sein durfte, sind für mich immer noch die Segensreichsten. Die Ortskirchen müssen gestärkt werden und ihre kulturelle Eigendynamik respektiert werden. Die Kirche in Lateinamerika ist durch Entscheidungen aus Rom genug beschnitten worden. Die Fragen nach Zölibat und Diakoninnen sind aus lateinamerikanischer Perspektive nicht wirklich dringend, scheint mir. Danke für Ihre Worte, die ich gerne weitergebe.

  6. Ihr Blog ist optisch sehr ansprechend gestaltet. Aber Ihre Ausführungen können nicht überzeugen.
    All Ihre Forderungen haben eines gemeinsam: sie sind in den evangelischen Kirchen mehr als erfüllt.
    Allerdings sind die Schwierigkeiten der evangelischen Kirche, in unserer modernen Gesellschaft „erfolgreich“ zu sein oder auch nur Gehör zu finden, mindestens genauso groß wie die der katholischen Kirche. Eigentlich sogar noch größer.
    Wenn es anders wäre, müssten Ihre Studentinnen und Studenten ja begeistert in die evangelischen Kirchen (über)strömen. Tun sie aber nicht.

    Die katholische Kirche verfügt wenigstens noch über Kraft zur Provokation, von ihr fühlen sich die Menschen wenigstens heraus gefordert. Gut so. (Damit meine ich natürlich nicht die Skandale, die echte Ärgernisse darstellen.)

    Die Kirche erreicht die Menschen sehr wohl.
    Was sie nicht bekommt, ist breite Zustimmung und massenweise Anklang. Das erging Jesus allerdings genau so.

    Der Papst tut gut daran, nicht zu sehr auf „die Deutschen“ zu hören.
    Nirgendwo ist die katholische Kirche auch nur annähernd so finanziell wohlhabend wie hierzulande. Aber auch nirgendwo so geistlich hohl und glaubensmüde.
    Dieses ständige Herumdebattieren (Ihr Ruf nach einem neuen Konzil ist typisch…) bringt nur genervte Enttäuschung…
    Die Kirche ist keine Firma (Ihr Beispiel mit dem Firmenchef) und auch kein Staat, sondern eine auf Freiwilligkeit beruhende Gemeinschaft von Glaubenden und Gleichgesinnten.

    Vielleicht sollten wir alle mehr hören und weniger Kirchenparlament spielen…
    Papst Franziskus hat mehr als einmal gesagt, dass das, was er mit „Synodalität“ meint, rein gar nichts zu tun hat mit weltlichem Parlamentarismus, wo die Mehrheit die Minderheit niederstimmt.

    Alles Gute für Ihre Arbeit,
    Johanna Enntal

    1. Ja gut so, machen Sie nur weiter die Augen zu. Verdrängen Sie die Realität die in der Kirche Einzug gefunden hat.
      Am Besten immerwieder auf die Evangelische Kirche zeigen, dann kann man eigene Wandlung verdrängen.
      Apropos Wandlung: Das was die kath. Kirche in jeder Eucharistifeier zelebriert verweigert Sie sich selbst am eigenen Leib.
      Marius berichtet doch aus seiner eigenen Lebensrealität und nicht weil er einer ist der halt gerne an allem rum nörgelt.

      Klaus Baader
      Nicht mehr aktiver Pfarrgemeinderat und Dekanatsrat aus Ettlingen im Dekanat Karlsruhe

      1. Na ja, mit dem, was Sie schreiben, bestätigen Sie ja, dass Sie keine wirklichen Argumente anführen können.

        Sie müssen auch nicht gleich persönlich und abwertend werden.

        Ich deute nicht mit dem Finger auf die evangelische Kirche. Die evangelischen Kirchen haben ein ganz anderes Kirchenverständnis. Und da ist es nur konse, dass sie auch zu anderen Konzepten und „Ergebnissen“ kommen.

        In Wahrheit hat sich das reformatorische Kirchenverständnis im Großen und Ganzen nicht durchsetzen können.
        Die (zahlenmäßig riesige) katholische Kirche, die ganze Weltorthodoxie und auch ein Großteil der Freikirchen sind in Lehre und Praxis nie den Reformatoren gefolgt – mit gutem Grund – und haben eine große Einheitlichkeit bewahren können.
        Die Protestanten dagegen spalten sich unaufhörlich weiter auf …

        Warum also soll die katholische Kirche ausgerechnet dem evangelischen Kirchenbild sich angleichen, wenn dieses Kirchenbild keine nennenswerten Vorzüge vorweisen kann?

        In den evangelischen Kirchen gibt es Gremien-Demokratie auf allen Ebenen, Frauen im „geistlichen Amt“, westlich-moderne Moral (Homo-Ehen, Gender…), weitgehende regionale Eigenständigkeit etc.
        Aber keine großen geistlichen Neuaufbrüche oder Begeisterung unter jungen Menschen.

        Warum sollten ausgerechnet diese Reformen eine Änderung zum Besseren in der katholischen Kirche bedeuten?
        Völlig unlogisch…

        Das einzige, was man dadurch „erreichen“ würde, wäre, dass auch die katholische Kirche vollends dem Zeitgeist hinterher hechelt.
        Kann man machen, sollte man aber nicht.

        Ich hab eher den Eindruck, dass SIE etwas nicht wahrnehmen wollen. Nämlich, dass die „Reformvorschläge“ (von vorgestern; stammen ja alle aus den 70er Jahren)
        sich in der Realität nicht bewährt haben.

        Machen Sie die Augen auf! 😉

        Die Realität war in der Kirche eigentlich immer schon ausreichend vorhanden. Einfach, weil die Kirche in der Welt lebt.
        Das bedeutet aber nicht, dass es sinnvoll ist, die Kirche auf Biegen und Brechen der Welt anzugleichen.

        Was die Wandlung von Wein und Brot in Leib und Blut Christi mit den derzeit wieder mal aufgekochten Angleichungsvorschlägen zu tun haben soll, erschließt sich mir nicht.

        Wenn ich persönlich der Kirche viele Vorschläge machen würde, die alle in einer bestimmten evangelikalen Gemeinschaft verwirklicht sind, dann würde ich einfach dieser evangelikalen Gemeinschaft mich anschließen und in der Folge sehr glücklich sein.

        Ich freue mich aber, wenn Sie in der katholischen Kirche bleiben.
        Nur müssen Sie dann vermutlich auch in Zukunft verwinden können, dass Deutschland nicht der Maßstab ist.

        Gruß,
        JE

  7. Avatar von Franz-Josef Oestemer
    Franz-Josef Oestemer

    Liebe Frau Enntal,

    es ist nun auch kein Argument, andere Menschen, die Ihr Meinung nicht teilen, aufzufordern doch zu gehen. Im christlichen Zusammenhang ist das absolut unmöglich.

    Sie wollen Argumente, nun denn: Was sagt Jesus über Macht und Unterdrückung? Lk 22, 24 – 30 „bei euch soll es nicht so sein“.

    In der Apostelgeschichte wird berichtet, wie Paulus dem Petrus ins Angesicht widerstand. So haben auch wir die Aufgabe, den Hirten, die die Not nicht sehen wollen oder können, diese Not klar zu machen.

  8. Ich habe ja auch niemand anderen aufgefordert, zu gehen.
    Ich hab lediglich geschrieben:
    Wenn ICH unzufrieden wäre mit der katholischen Kirche, der ich angehöre, UND GLEICHZEITIG es eine andere kirchliche Gemeinschaft unmittelbar vor meiner Nase gäbe, in der ALL MEINE REFORMWÜNSCHE umgesetzt wären, dann wäre ich persönlich so frei und konsequent, dieser Gemeinschaft mich anzuschließen, um dort dann sehr glücklich sein zu können.

    Ich freue mich, wenn viele Menschen derselben Kirche angehören wie ich.
    Nur ist das kein Kriterium, das letztlich entscheidend ist.
    Ich würde der Kirche auch angehören, wenn sie nicht 1 Milliarde, sondern eine Million Gläubige auf der Welt hätte.

    Was ich freilich nicht tun würde: Reformen zu verlangen, die andernorts unmittelbar vor meiner Haustüre 1 zu 1 erfüllt sind – und dann 50 Jahre lang Enttäuschung zu bekunden, wenn diese Forderungen mal um mal nicht nur nicht umgesetzt, sondern völlig in den Wind geschlagen werden von der Kirchenleitung.
    Da würde ich dann reagieren. Mündig und konsequent, wie es einem erwachsenen Menschen geziemt.

    Bis auf den Zölibat (ist keine dogmatische Frage, KÖNNTE durchaus geändert werden) sind alle Forderungen des Synodalen Weges theologisch inkompetent, weil sie mit der Verfassung der katholischen Kirche kollidieren.
    Der Papst hat diese Verfassung zu schützen nicht zu untergraben.

  9. Avatar von Hildegard Sessar
    Hildegard Sessar

    Hallo zusammen,

    da geht es ja wieder Mal hoch her. Immerhin haben die Meisten den Ausführungen von Herrn Fletscher zugestimmt. Ich tue das auch. Dass die evangelische Kirche es besser macht, wage ich zu bezweifeln. Sie gibt sich zwar jovialer, aber so richtig in Kontakt sind die Pfarrer und Pfarrerinnen auch nicht. Sie predigen, genau wie unsere, an eine Gemeinde hin, die sie nicht kennen. Unsere kennen, dank der Beichte, immerhin die Sünden ihrer Schäflein. Das merkt man oft am Menschenbild, das sich in den Predigten offenbart. Herr Fletscher ist da wahrscheinlich, als Studentenpfarrer, etwas privilegierter.

    Wie können Priester etwas über ihre Gemeinde erfahren? Wir hatten in Mannheim einmal einen Pater, der in der Jesuitenkirche (!!!!!!) Bibliolog anbot. Jetzt kümmert er sich um Geflüchtete. Ob er mit denen Bibliolog machen kann????

    Bei den Juden gehört es zur religiösen Praxis, über die heiligen Schriften zu diskutieren. Und ALLE dürfen das!!! Ein indischer Priester, der in unserer Pfarrgemeinde (nicht in Mannheim) den (selbstverständlich geweihten) Leiter der Seelsorgeeinheit vertrat, begann seine erste Predigt mit dem Worten: „Evangälium ist wie Kaieidoskop! Muss man drähen!“ „Das ist jetzt aber eine wirklich frohe Botschaft!“, dachte ich. Der Mann studierte in Rom und schrieb gerade an seiner Doktorarbeit!!!! Wieviele Christen, egal ob geweiht oder nicht, würden diese Aussage wohl unterstützen? Beim zweiten Vatikanischen Konzil wurden alle getauften Katholiken zu Laienpriester*Innen erklärt. Wer weiß das schon? Als ich vor Kurzem bei einem ökumenischen Kongress darauf aufmerksam machte, war es eine evangelischen Pfarrerin, die mich energisch darauf hinwies, dass ich „OHNE AUFTRAG“ (einer geweihten Person selbstverständlich!) gar nichts darf. Das zum Thema: Die evangelische Kirche kann es besser.

    Wo gibt es Menschen, die gemeinsam in dieses Kaleidoskop hineinblicken und es dabei drehen? Bisher stieß ich mit meinen kreativen Bibelinterpretationen bestenfalls auf ängstliche Skepsis. Oft aber auch auf erbitterten Widerstand. Auf dem og. Kongress stieß eine andere Aussage von mir auf große Zustimmung aus dem Publikum: „Das Kreuz sagt mir, dass Gott darunter leidet, dass wir ihn festnageln.“ Viele haben Angst vor „Unverbindlichkeit“. Aber wer darf binden und wer nicht? Wer ist kompetent und wer nicht? Ist kompetent, wer andere für inkompetent hält? Oder sind die kompetent, die in Analogie zu einem wichtigen Gebot, ihre Nächsten für so kompetent halten, wie sich selbst? Was bedeutet Nächstenliebe bei einer Meinungsverschiedenheit? Oder ist das nicht so wichtig? Hauptsache Weihrauch und Kerzen!

    Eure Laienpriesterin

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