Ist die Geschichte der Menschheit ein fortlaufendes Fiasko? Manchmal scheint es so. Walter Benjamin hat ein Bild von Paul Klee (Angelus novus, 1920) so interpretiert. Das Gefühl ist uns vielleicht nicht fremd, trotzdem ist zu hoffen, dass die Welt nicht einfach in Trümmern versinkt.

„Es gibt ein Bild von Klee, das Angelus Novus heißt. Ein Engel ist darauf dargestellt, der aussieht, als wäre er im Begriff, sich von etwas zu entfernen, worauf er starrt. Seine Augen sind aufgerissen, sein Mund steht offen und seine Flügel sind ausgespannt. Der Engel der Geschichte muß so aussehen. Er hat das Antlitz der Vergangenheit zugewendet. Wo eine Kette von Begebenheiten vor uns erscheint, da sieht er eine einzige Katastrophe, die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft und sie ihm vor die Füße schleudert. Er möchte wohl verweilen, die Toten wecken und das Zerschlagene zusammenfügen. Aber ein Sturm weht vom Paradiese her, der sich in seinen Flügeln verfangen hat und so stark ist, daß der Engel sie nicht mehr schließen kann. Dieser Sturm treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir den Fortschritt nennen, ist dieser Sturm.“

– Walter Benjamin: Über den Begriff der Geschichte (1940), These IX[11]

In meiner Predigt zu Allerheiligen habe ich dieses Thema aufgegriffen (hier hören).

Angelus Novus – Wikipedia

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