
Kraftworte I: Ab durch die Wüste
Heute haben wir ein starkes und bewegendes Gebet miteinander gefeiert. Es tut gut in diesen Zeiten zusammen zu sein, Kraftworte zu hören, zu beten und einen Segen zugesprochen zu bekommen!
Lesung Ex 16, 2-15. Das Volk Israel ist aus Äypten geflohen und ist jetzt sehr unbegeistert von der Situation. Dann fallen Wachteln & Manna vom Himmel….
Hierzu mein Predigtimpuls:
Plötzlich ist es soweit. Ein paar Sachen gepackt, ganz hastig, und Hals über Kopf geht’s los. Sogar das Brot ist ungesäuert. Besonders lecker ist das nicht. Da gings ihnen wie uns heute: keine Hefe da…
Zwischensituation: aus Ägypten erstmal draußen, aber wohin geht die Reise? So wie es war, konnte es absolut nicht weitergehn. Man musste handeln, aber was kommt, und wie es werden kann, ist sehr sehr offen. Und das ist mindestens beunruhigend.
Kein Wunder, dass Leute anfangen zu meckern: so schlimm war das alles gar nicht. Völlig übertrieben und unnötig, was wir hier abziehen. Alle haben ein mulmiges Gefühl.
Die Wüste lenkt den Blick auf ganz existentielle Fragen: Wo bekomme ich zu essen her? Was brauche ich, um den Tag zu überstehen? Diese Konzentration bringt ganz neue Einsichten. Und damit meine ich nicht die Bedeutung von Klopapier. Ich meine, die ganzen Luxusfragen, die einen sonst umtreiben, sind weg. Man lernt zu sortieren und das Wesentlich zu erkennen.
Im Blick zurück wird dieses Volk sagen: wir sind durchgekommen. Wir sind nicht verhungert. Alles hat sich gefügt. Und in dieser Zeit, wo alles auf der Kippe stand, hat Gott sich gezeigt. Dass wir durchgekommen sind, dass wir überhaupt leben, das ist göttlich.
Gott zeigt sich, auf wundersame Weise ist er da. Wie man es nicht erwartet hätte. In der Erzählung ist das Brot, das vom Himmel fällt. In unserer Situation sind das Leute, die ihre privaten 3D-Drucker nehmen, um Ersatzteile für Beatmungsgeräte herzustellen. Luxusfirmen, die in ihren Fabriken statt Parfüm jetzt Desinfektionsmittel herstellen. Wie cool ist das denn?! Und noch eins: ich denke, es ist keine Übertreibung, wenn man sagt: zum ersten Mal überhaupt in der Geschichte verfolgt die ganze Menschheit ein Ziel. auf allen Ebenen haben wir ein gemeinsames Ziel!
Auch wenn da viel Selbstschutz dabei ist: am Ende des Tages sitzen wir alle im selben Boot. Das geschärfte Bewusstsein dafür könnte uns auch in vielen anderen Fragen weiterhelfen…
„Das ist das Brot, das der Herr euch zu essen gibt.“ Witzig finde ich, dass Gott immer Tagesvorräte liefert. Vorratshaltung, Hamstern geht nicht. Es gibt keine umfassende Absicherung. Und du lebst unausweichlich, immer davon, dass dir geschenkt wird.
Das gilt nicht nur für Brot. Es gibt ja auch andere lebenswichtige Güter. Zu spüren, dass man nicht allein ist. Miteinander lachen können. Mal den bleiernen Ernst ablegen können, Gedankenkarusselle anhalten. Hoffnung schöpfen.
Am Montag hatte ich so einen Moment, der geschenkt wird. In der Heidelberger Unibib. Da wurden Bücher gehamstert wie vielleicht noch nie… Im engen Treppenhaus kam mir eine Studentin entgegen. Wir waren so aufs freundlich-distanzierte Vorbeigehen konzentriert, dass ich neben die Stufe getreten bin und beinah hingeflogen wäre! Wenn du vor lauter Vorsicht stürzst… das war so Situationskomik, und das zusammen lachen war echt schön.
Ein letztes: beim „Brot, das der Herr euch zu essen gibt“, denke ich als Priester natürlich auch an die Eucharistie. In ihr ist symbolisch all das verdichtet. Es tut weh, dass wir die nicht zusammen feiern können. Aber letztendlich ist sie halt auch unverfügbares Geschenk. Und trotzdem hoffe ich und bin überzeugt, dass wir auch diese in geraumer Zeit, nach der Wüste, wieder miteinander feiern!
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